Selbstbau einer Atomuhr auf der Basis eines militärischen Rubidium-Elements.
Da wir immer versuchen, unsere technischen Interessen miteinander zu verbinden, tat sich Ende 2001 eine schöne Gelegenheit auf, dies zu tun. Damals fanden wir beim Durchstöbern der Angebote bei Ebay ein neuwertiges militärisches Rubidium-Element vom Edelhersteller Rhode und Schwarz . Das Gerät stammte aus NATO-Restbeständen und wurde für gerademal 1200DM angeboten. Ein Schnäppchen...!
Da wir schon immer auch eine elektronische Uhr auf Quarzbasis bauen wollten, aber einfach die Zeit fehlte, einen sicheren und genauen Quarzoszillator zu bauen, kam uns das Angebot gerade recht, so daß es etwa zehn Tage später in unserer Werkstatt stand. In der Zwischenzeit hatten wir uns über unsere Physikbücher sowie das Internet über die Funktionsweise dieser Zeitnormale schlau gemacht, so daß dem Bau einer Atomuhr nichts mehr entgegenstehen sollte.
Für alle, die sich an der Stelle für die wirklich interessante Funktionsweise eines Rubidiumelements interessieren, sei die hervorragende Seite des Physikalisch-Technischen-Instituts in Braunschweig (PTB), bei dem auch die Cäsium-Atomuhr des DCF77-Signals steht, empfohlen. Hier sind die nötigen Informationen zum Verständnis eines Rubidium-Elements aufgezeigt, aber auch ein wenig Stöbern zum Thema "Zeit" lohnt sich sehr.
Nachdem jetzt das Gerät mit einer aus Geheimhaltungsgründen
eher spärlichen Betriebs- und Anschlußanleitung auf der Werkbank
lag, wurde uns schnell klar, das wir uns ein schönes Stück Arbeit
in Haus geholt hatten. Nicht daß das Gerät defekt oder beschädigt
war, ganz im Gegenteil, es war im perfekten und nahezu unberührten Zustand.
Es wurde nur zu Prüfzwecken angeschlossen und wies noch keine einzige
Betriebsstunde auf.
Um aber eine Atomuhr in Stunden, Minuten und Sekundenanzeige zu erhalten,
mußten noch so einige Elektronikschaltungen entworfen werden. Da die
Grundgenauigkeit eines solchen Frequenznormals bei einigen 10EXP-09 Sekunden
im Monat liegt, muß ganz besonders viel Wert auf alterungs- und temperaturstabile
Bauweise der Elektronik gelegt werden. Dazu kommt die Tatsache, daß
es sich bei allen Atomuhren eigentlich um Frequenznormale handelt, die keinen
Sekundenausgang oder ähnliches haben, sondern lediglich eine hochgenaue
Referenzfrequenz liefern. Diese muß dann durch geeignete Frequenzteiler
in einen Sekundentakt, oder einen Bruchteil davon, geteilt werden.
Bei unserem Element liegt die Ausgangsfrequenz bei exakt 5MHz, so daß
für einen Sekundenimpuls ein Teiler von 1: 5Millionen benötigt wird.
Dieser wird aus einer handvoll Digitalschaltkreisen gebildet und an einen
Kleinrechner weitergegeben, der dann den gewonnenen Takt in eine Uhrzeit wandelt.
Zur Verdeutlichung der noch benötigten Hardware soll das folgende Blockschaltbild dienen. Bis auf das vorhandene Rb-Element müssen bzw. mußten alle anderen Baugruppen erstellt werden.
Als Netzteil wurde ein neuwertiges Bundeswehr-Funkgerätenetzteil
mit 28Volt/10A der Firma SEL für 120DM aus dem Surplus-Handel von Rainer-Förtig-Elektronik
gekauft. Dieses Gerät ist absolut robust, zuverlässig und hat überragende
elektrische Kenndaten. Bei dieser Konstruktion merkt selbst ein Laie sofort,
daß es sich hier um ein "MIL-Spec"-Gerät handelt. Es
ist eine wahre Freude so einem Gerät ins "Innere" zu sehen.
Aus diesem Netzteil werden dann die benötigten Betriebsspannungen abgeleitet
und zu den einzelnen Baugruppen geführt. Diese sind mit dem eigentlich
Rb-Element in einem 19"-Baugruppenträger untergebracht, den ich
für ein paar Euros über Ebay gekauft habe. Dieser Baugruppenträger
bietet darüber hinaus genug Platz um die Anzeige-Einheit, bestehend aus
einem LC-Display und dem Mikroprozessor, aufzunehmen.
Die obigen Bilder zeigen den Baugruppenträger sowie das Netzteil, jedoch ohne Auswerteelektronik.
Da wir nach jetzt nach einiger Zeit endlich die Zeit gefunden
haben die Elektronik in die Realität umzusetzen, wollen wir das jetzt
genauer beschreiben.
Dabei sind alle Platinen im Euro-Format, um in 19"-Bauträger zu
passen.
Netzteil für das Rb-Element
Da das Rb-Element sehr anspruchsvoll in der Spannungsversorgung ist, mußte
eine geeignete Spannungsreglerstufe für das Gerät konzipiert werden.
Die Ausgangsspannung sollte dabei bei 24V bei einem max. Strom von 2,2A liegen.
Die Restwelligkeit, und das ist das Unangenehme an dem nachfolgenden Konzept,
darf max. 1mVeff liegen.
Dabei verbieten sich natürlich Schaltregler zur Stabilisierung der Spannungen,
da diese dem hohen Wirkungsgrad von bis zu 90% eine sehr hohe Restwelligkeit
aufweisen, die sehr auswändig gedämpft werden muß. Dadurch
bietet sich ein Konzept mit einem Linearregler an, der die Spannung konventionell
mit geringer Welligkeit, aber mit ordentlich Verlustleistung wandelt. Unsere
Wahl fiel dabei auf den Low-Drop Regler LT1083 von Linear-Tech. der sehr gute
Regeleigenschaften aufweist.
Inspiriert von der absoluten Überdimensionierung des o.g. SEL-Netzteils
ist damit der Schaltungsentwurf von mir stark überdimensioniert worden.
Der max Strom, der dem Netzteil entnommen werden kann, liegt damit bei 7A
bei 24 Volt und 28Volt Eingangsspannung. Zusätzlich wird der Kühlkörper
so ausgelegt, daß er bei dieser Verlustleistung bei dieser Belastung
(28Watt) max 50°C warm wird. Damit wird ein sehr breiter Außentemperaturbereich
abgedeckt und es sind noch genügend Leistungsreserven frei.
Um die geforderte Restwelligkeit zu erreichen, muß unbedingt ein Brummfilter
eingefügt werden. Nach kurzer Berechnung wurde vor dem Regler ein LC-Glied
eingefügt, was bei einer Eingangswelligkeit (SEL-Netzteil) von 20mV eine
Restwelligekit von 0,5mV zuläßt. Der Linearregler-Ausgang wurde
mit Kondensatoren nochnmals gegen Brummen abgeblockt. Um auch Störungen
von Außen zu dämpfen, wurde die Platine "HF-fest" mit
Massefläche designed.
In der Praxis hat sich nun gezeigt, daß das wirkliche Ripple-Signal deutlich kleiner als 0,3mV ist und die ungeliebte Berechnung des Kühlkörpers sich gelohnt hat. Der Kühlkörper wird bei vollen Laststrom gerade mal 39°C warm.
Frequenzteiler
Wie anfangs schon erwähnt, muß die Ausgangsfrequenz von 5MHz des
Normals mit einem Teiler auf 1Hz geteilt werden. Da wir aber eine kontinuerliche
Frequenzteilung in dekadischen Schritten haben wollten, wurde die Teilerplatine
sehr konventionell mit 7493'er Zählern aus der TTL-Reihe entworfen. Damit
wird es möglich entsprechende dekadische Vielfache von 1Hz abzugreifen,
um z.B. 100'stel Sekunden darzustellen oder genaue Eichfrequnzen zu erhalten.
Das sinusförmige Signal des Normals mit 1Vss wird mit hochstabilen Welwyn-Widerständen
mit 1Volt Offset angehoben, so daß die nachfolgenden NAND-Gatter (7400)
sicher und definiert triggern (ggf. kann man hier die konventionellen NAND's
gegen Schmitt-Trigger NAND's= 74132 ersetzen). Die unglaublich teuren Welwyn-Widerstände
sind hochgenau und haben einen besonders geringen Temperaturkoeffient.
Durch die Vorspannung des NAND-Gatters durch den resistiven Spannungsteiler
kann sich aber der Triggerpunkt durch Temperaturdrift ändern. Da die
Grundgenauigkeit des Elemnts unter einer Periodenlänge im Monat liegt,
sind hier möglicherweise die größten Probleme zu erwarten.
Sollte sich in einem Langzeittest ein solches Verhalten zeigen, wird die Digitalisierung
mit einem weitgehend präzisen Komparator im Nulldurchgang realisiert.
Die Versorgungsspannung für die TTL-Schaltkreise wurde gleich mit allen
Schutzbeschaltungen und Blockkondensatoren, die für TTL's benötigt
werden, auf der Teilerplatine integriert.
Auch hier wurde beim dem Platinenlayout mit einer Massefläche HF-Koppelungen
vorgebeugt.
Zeitanzeige
Bei der Zeitanzeige wollten wir anfangs eine prozessorgesteuerte Anzeige
realisieren. Da aber, trotz Progammierung mit Interrupts, starke und unregelmäßige
Laufzeitverzögerungen auftreten können, muß eine andere Form
der Anzeige gefunden werden. Diese Laufzeitverzögerungen, die durch die
Zeit zwischen Interruptauslösung und Abarbeiten des Interrupts entstehen,
würden die Grundgenauigkeit zunichte machen, da sie unregelmäßig
lang sind und damit nicht mehr zu kompensieren sind.
Damit haben wir uns für eine Anzeige mit signalsynchronen 4-Bit Zählern
entschieden, die die entsprechenden Stellen der Uhrzeit über Siebensegment-Anzeigen
darstellen. Damit ist zwar ein hoher Bauteile-Aufwand zu treiben, aber man
hat lediglich die konstanten Zeitverzögerungen der Zähl-Stufen zu
berücksichtigen. Diese Anzeige arbeitet taktsynchron und benötigt
keinen eigenen Takt. Das heißt, daß die maximale Frequenz der
"schnellsten" Zählstufe die der Ausgangsfrequenz der Teilerstufe
ist. In unserem ersten Entwurf ist das also 1Hz. Damit hat sich auch jeder
Aspekt der HF-Sicherheit zerstreut.
Durch die hohe Teilung zu 1Hz müßte aufgrund der Zähltakte der Teilerstufen eine Abweichung herausgemittelt werden. Das heißt, daß Abweichungen mit weniger einer 5Mhz-Periode direkt herausgemittelt werden. Damit müßte bei einem Sekundensignal eine absolut genaue Sekundenreferenz gegeben sein.