Warum das alles? Unsere Grundsätze.

Diese Frage, die natürlich schon fast philosophischen Charakter hat, stellt sich in aller Regel der Bastler nicht. Man betreibt sein Hobby aus Spaß und evtl. zum Ausgleich anderer Tätigkeiten.

Bei uns trifft dies, zumindest im Bereich der Radios nicht ganz zu. Da wir beide andere Beweggründe zu unserem einnehmenden Radiohobby haben, die sich jeweils sehr gut ergänzen, werden wir hier beide unsere kleine Geschichte des "Warum" darlegen.

Damit kommen wir gleich zu mir, Lutz, dem Elektroniker von uns beiden:

Ich habe, als ich vor etwa 10 Jahren vor dem Schaufenster des "Antik-Bodenheimer" in Frankfurt stand und das erste Mal ein altes Mende oder Telefunken sah, gleich die Begeisterung gehabt, solche Radios der Nachwelt zu erhalten. Ich war damals ein junger Bub, der noch nicht wirklich das Know-how oder sogar die Meßgeräte gehabt hat, um einem solchen Radio wieder zu neuem Glanz zu verhelfen. Aber ich wußte damals schon, daß eine solche Technik in der für heutige Zeiten äußerst aufwendigen Verarbeitung selten, vielleicht sogar gar nicht mehr hergestellt wird und deshalb immer von Interesse sein wird. Alleine dieser Gedanke hatte mich niemehr losgelassen, gepaart von einer Neugier, wie denn so ein Radio aus Opas Zeiten so aufgebaut sei. Da ich damals mein Geld lieber für andere Sachen verplant habe und mir auch noch die nötige Fingerfertigkeit fehlte, habe ich von einem Radiokauf abgesehen. Allerdings aus dem Kopf waren die antiken Radios nie.

Ende 2001, genauer an den Weihnachtsfeiertagen, habe ich bei Ebay beim Suchen einer alten Oszilloskopen-Röhre für mein defektes Oszilloskop die Rubrik 'Röhrenradios' entdeckt. Nach einem kurzen Blick in die Angebotslisten habe ich spontan ein altes "Novera"-Radio mit dem 4-Röhrenkonzept von Philips für gerademal 18Euro gekauft! Mein erstes Röhrenradio nach 10Jahren passiver Begeisterung!

Damit begann nun die Leidenschaft an alter Technik zu wachsen und konkret zu werden. Innerhalb kurzer Zeit habe ich dann so einige Radios in meine Werkstatt geholt, teils von Bekannten und teils von Ebay.

Mit steigender Anzahl wuchs auch die Erfahrung im Umgang der Röhrentechnik, die besonders einem Elektroniker, der nur mit Mikroprozessoren, DSP's und analoger Silizium-Halbleiter gelernt und großgeworden ist, ersteinmal fremd sind.

Durch meine Erfahrungen auf analoger Ebene stellte die Empfangstechnik der alten Empfänger allerdings kein Problem dar, so daß ich mich beim Sammeln schnell auf die technischen "Sonderlösungen" und weniger auf irgendwelche Gehäusemerkmale festlegte. Da ich zu dieser Sammelleidenschaft hauptsächlich durch die Freude an der Technik gekommen bin, will bzw. versuche ich meine Sammlung auch auf dieser Spur zu halten. Das heißt "normale" Volksempfänger oder simple Geradeausempfänger sind für mich primär nicht interessant. Sie entsprechen durch ihre simple Konzeption leider genau dem, was ich als Elektronik-Entwickler nicht mag: Billige Produktion ohne technischen Reiz, sondern vielmehr nach markwirtschaftlichen (bei DKE's dazu noch mit politischen) Gesichtspunkten entwickelt. Hin und wieder allerdings sind die Gehäuse solcher Empfänger so liebevoll gemacht, daß ich von der 'reinen Lehre' absehe und auch ein solches Gerät in unserer Sammlung gerne sehe.

Ich rücke aber auch von meinem Dogma ab, vor allem, wenn mich ein hilfloses und ramponiertes altes Radio mit seinem trüben und schwach leuchtenden magischen Auge ansieht... Da werde ich schwach, weil solche Geräte, die einmal den Stellenwert eines Statussymbol hatten, einfach nicht so behandelt werden dürfen!

Alte Elektronik gilt bei unserem heutigen Konsum leider sehr wenig, so daß viele Menschen mangels Wertschätzung den "alten Radiokasten" wegschmeißen oder vergammeln lassen. Erst wenn man diesen Banausen erklärt, was ein solches Gerät einmal wert war, wie die ursprünglichen Besitzer sich dafür 'krummlegen' mußten, gewinnt es wieder an Ansehen.

Bei Uhren muß ich allerdings meine Einstellung noch etwas präzisieren. Hier interessiert mich weniger der Wert einer Uhr. Das alles ist, wie immer bei solchen Dingen, eine stark relative Sache. Heute entscheidet hier nur noch das Marketing, der Wiedererkennungswert, von dem sich ein mittelmäßiger Käufer und Träger eine persönliche Wertsteigerung verspricht.

Das ist mir aber zuwider! Hier gilt für mich umsomehr der technische Hintergrund, für den ich mich begeistern kann. Das läßt für mich eigentlich nur sehr wenige und sehr spezielle Uhren als interessant erscheinen. Dazu sind dies alles Großuhren oder wissenschaftliche Chronometer, bei dem geniale Uhrmacher und Feinmechaniker ihr Können bewiesen haben.

Daraus resultiert dann meine Rechtfertigung für dieses Hobby : schöne und geschichtlich wichtige Technik zu verstehen, der interessierten Nachwelt zu erhalten und die Leistung ihrer Schöpfer nicht zu vergessen.

Suchbild: Welche Radios buhlen hier alle um Aufmerksamkeit? Tipp: Es sind ganze 15 nur an dieser Wand ! (von li. nach re.: 1. Reihe Telefunken, Braun, Siemens; 2. Reihe Areso, Grundig, AGA, Grundig; 3. Reihe Graetz, Lumophon, Grundig; 4. Reihe Grundig, Blaupunkt, Noname; im Eck: Siemens Schatulle auf Kubatruhe...)

Peter, Uhrmacher

Als Uhrmacher wird man häufig mit der Frage konfrontiert, wie man denn zu einem solchen Beruf kommt. Darauf kann ich nur sagen, daß es bei mir im Alter von etwa 16 Jahren begann. Ich hatte in den Schulferien gejobt und die Taschen voller Geld. Dafür wollte ich mir meine erste "selbstgekaufte" Armbanduhr leisten, da die sauerverdienten Kröten vernünftig investiert sein sollten. In der Woche davor hatte ich bei der Firma Christ in Frankfurt eine schicke Omega Constellation Quarzuhr mit Lederband gesehen, die es werden sollte. Als es soweit war, ging ich durch Frankfurt und hatte wohl so eine  Art Uhrenblick, mit dem ich die Schaufenster von Wempe, Pletsch und Co betrachtete. So näherte ich mich langsam meinem Zielgeschäft, als ich wenige Häuser davor auf einen Laden aufmerksam wurde, der alte Armbanduhren in der Auslage präsentierte. Hier entdeckte ich eine alte Girard-Perregaux mit Handaufzug im Stahlgehäuse aus den späten 40er Jahren. Das war ein Schlüsselerlebnis, da mir die Marke ein Begriff war. Meine Mutter war 1957, in ihren frühen Jugendjahren, Au-Pair in La Chaux-de-Fonds bei einer Familie Gräf, welche Eigentümer der Firma Girard-Perregaux waren. Sie hatte damals eine Damengoldbanduhr der Marke als Souvenir günstig (1000,-SFr !) erworben. Diese Uhr wurde in der Familie immer als etwas besonderes verehrt, was daran besonders war, hatte Herr Gräf damals zwar erklärt, aber meine Mutter hatte es mangels Interesse schon bald wieder vergessen. Sie erzählte auch von dessen Uhr, mit den vielen Knöpfchen zum Einstellen, die gebimmelt und gestoppt hat und noch viel mehr. All dieses "Wissen" im Hinterkopf betrat ich den Laden und kaufte die Uhr.

So fing es an. In der Gewißheit, etwas ganz besonderes zu besitzen, begann ich mehr auf  Uhren zu achten. Überall waren beachtenswerte Uhren, beginnend bei der heimischen Ahnengalerie, wo jedem Bild eines Vorfahren seine Taschenuhr zugeordnet war. Dann kam auch noch das Uhrenmagazin heraus, eine Zeitschrift nur über Uhren, mit einem Aufmacher über Girard-Perregaux. In der Zwischenzeit arbeitete ich weiter in den Ferien, kaufte mir noch zwei weitere GP-Uhren und schenkte mir zum 17. Geburtstag eine Rolex Cellini.

Das war der Anfang der Uhrenleidenschaft. Schnell brachte ich es zu einer kleinen Sammlung von Uhren nebst zugehöriger Literatur. Jedes Gesprächsthema landete eher früher als später bei den Uhren. Ich gebe zu, ich war unerträglich. Für mich waren und sind Uhren etwas ganz besonderes und ich sehe mehr in ihnen, als bloße Zeitmesser.

Jede Armbanduhr verkörpert für mich das Bestreben vieler Uhrmachergenerationen einen Mechanismus zu perfektionieren und zu miniaturisieren. Der Mechanismus der Uhr war und ist Sinnbild des mechanistischen Weltbildes. Die Herstellung eines solchen Mechanismus, der Zeit und kosmische Ereignisse so perfekt abbildet, wird zu einem kleinen Schöpfungsakt. Der Mensch erschafft das Ebenbild von Zeit und Kosmos. Im Bewußtsein dieser Leistung wurden Uhren auf das prächtigste verziert und ausgestattet, wie zuvor nur sakrale Gegenstände.

Die Uhr prägte wissenschaftliche Methodik und Entdeckertum. Sie ließ neue gesellschaftliche Normen entstehen. Der alte Begriff des Tagwerks wurde durch den neuen Leistungsbegriff ersetzt : Leistung ist Arbeit pro Zeiteinheit. Damit einher ging die Demokratisierung der Zeitmessung mit dem Ziel, alle Menschen mit einem genauen Zeitmesser auszustatten. Die Zivilisation funktioniert im Zeittakt ihrer Uhren. Erfolgsmenschen dieser Zivilisation teilen sich ihr Leben gerne mit einem Zeitmesser ein, der deutlich zeigt, wieviel ihnen die immer knapper werdende Zeit wert ist.

Ich wurde schließlich Uhrmacher, eine sicherlich gute Entscheidung, denn hier bin ich in meinem Element. Aber es veränderte auch meinen Blick auf Uhren. Wenn man täglich mit den Auswüchsen der Massenproduktion konfrontiert wird, verändert das die Einstellung und es entwickelt sich ein extremer Qualitätsbegriff. Man verliert den Respekt vor jener Vielfalt von Marken, die über Manufakturbegriffe streiten, obwohl hinter den Produkten längst nur noch der Produktionsausstoß einiger zentraler Uhrenfabriken steht. Die Weisheit des ausbildenden Uhrmachermeisters, daß man die Qualität einer Uhr oft nur dann erkennen kann, wenn man an ihr arbeitet, wird immer schwerer nachzuvollziehen, denn schlampig konstruierte Uhren werden immer häufiger. Es gilt einen Markt zu befriedigen, auf dem das Markenimage mehr zählt, als der schwer nachvollziehbare Qualitätsbegriff der Uhrmacher. Nachlässige Konstruktionen, schlechter Herstellerservice und eine Ersatzteilpolitik zwischen mies und arrogant, sind heute eher die Regel als die Ausnahme. In dieser Atmosphäre wird der Uhrmacher degradiert zum Servicetechniker für ein modernes Industrieprodukt. Man tauscht solange Module, bis die nicht mehr erhältlich sind. Dann wird das gute Stück für irreparabel erklärt.

Das alles sind Schritte in eine Richtung, die mir als Uhrmacher sehr mißfallen. Es ist viel Arbeit geleistet worden, um die mechanische Uhr wieder in das Bewußtsein der Käufer zu bringen, was der Branche mit sensationellen Umsätzen gedankt wurde. Wenn es sich jetzt herausstellen sollte, daß die Versprechungen in Bezug auf die Tradtion der Marken, die Nachhaltigkeit der Mechanik, die edle Substanz der Nobeluhren und die aufopferungsvolle Servicetätigkeit im Dienste des verwöhnten Kunden nicht haltbar sind oder sogar Lügen waren, dann war die Quarz-Krise nicht die letzte ihrer Art für die Branche.

Es kann sich für Uhrmacher also nur lohnen, sich rechtzeitig in eine Richtung zu orientieren, die eine Distanz bringt vom Folklore-Uhrmacher im Einzelhandel, der mit Umsatzdruck im Nacken zweifelhafte Produkte an den Mann bringt, weg vom Service-Techniker, der mangels Ersatzteile nur noch Batterien tauscht. Aber wohin ?

Es kann im ernsthaften Handwerk nur den Weg in Richtung kompromißloser Qualität geben ! In aktuellen Kollektionen findet man diese nur noch vereinzelt. Preis und Produktleistung stehen sich nicht mehr alleine gegenüber, sie stehen im Zusammenhang mit Image und Markenwert. Bei den extremen Preisen, die in letzter Zeit für Firmen der Uhrenbranche gezahlt wurden, stellt sich die Frage, wie diese Beträge wieder hereingewirtschaftet werden sollen, wo die Entwicklung solider Produkte teuer ist, ebenso wie die umfangreiche Ersatzteilhaltung mit funktionierender Logistik und die Ausbildung neuer Uhrmacher, die in einigen Jahren die Produkte warten sollen. Eine große Ausnahme in Sachen Qualität ist die Firma Rolex, die für die gesamte Branche ein Vorbild sein sollte, aber wohl noch lange unerreicht bleiben wird. Kleine und Kleinsthersteller werden von den Branchengrößen in ihrem Bestreben nach Individualität und Qualität regelrecht behindert, gehören doch fast sämtliche Zulieferer entweder zur R- oder zur S-Group, die nur wenig Interesse an ernsthafter Konkurrenz haben, was die Kontrolle und Steuerung des Marktes unangenehm erschweren würde.

Die Suche nach Qualität gestaltet sich einfacher bei der Hinwendung zu den älteren Stücken .Wer die Möglichkeit hat, nach einem Tag mit Multifunktions-Quarzuhren, mit in Lederbänder eingebauten Antennen und Wanduhren mit Plastik-Kuckuck zur vollen Stunde, eine Taschenuhr von Lange oder eine Präzisionspendeluhr von Riefler zu betrachten, der weiß noch warum er Uhrmacher geworden ist und wie eine Uhr ausgeführt sein sollte. Auch früher gab es schon billige Uhren. Aber bei vielen hat der Zahn der Zeit schon derart zugebissen, daß man regelrecht von natürlicher Auslese sprechen kann. Wenn ein Stück also die Zeiten überdauert hat, kann man es auch als erhaltenswert betrachten. Hier erschließt sich einem der Sinn der Uhrmacherei wieder.

Zu den Radios kam ich, als ich mit meinem Bruder vor dem Schaufenster eines bekannten Frankfurter Trödlers stand. Ich war von den riesigen, alten Holzkisten begeistert. Die längst vergessenen Sendernamen auf den Skalenscheiben sind lebendige Geschichte. An der ehemals prachtvollen Ausstattung der Geräte kann man den Stellenwert erkennen, den die Radiotechnik einmal einnahm. Ich hätte mir jedoch nie so ein Gerät gekauft, denn überall stand auf den Preisschildern, das abschreckende Wort "defekt". Für meinen Bruder stand sofort fest:" Kauf Dir so ein Ding, ich werde es reparieren."

Jetzt, viele Jahre später ist der Radio-Wahnsinn ausgebrochen! Radios wuchern in allen Ecken, buhlen um Aufmerksamkeit und verschlingen sämtliche zur Verfügung stehene Gelder. Aber wozu?

Das Radio ist vom Fernsehen verdrängt worden und hat nur dort überlebt, wo der Fernseher nichts verloren hat: Am Arbeitsplatz, im Auto und als Hintergrundbeschallung für PISA-Kinder beim Erledigen der Hausaufgaben. Das merkt man natürlich auch den Radioprogrammen an. Auf fast allen Sendern laufen billig gemachte Sendungen, bei denen flotte Moderatoren die gerade gängigen zwanzig Lieder in wechselenden Permutationen abspielen. Diese Zwangsberieselung durch die immer gleichen Singsang-Bubies und Pipi-Mädchen will ich einem Röhrenradio nicht antun. Leider kann mich auch das Programm der wenigen Alibi-Kultursender nicht trösten, deren bizarre Mischung aus Schulfunk, Beiträgen für die Landfrau, Blasmusik und Stücken von Paul Hindemith nicht darüber hinwegtäuschen kann, daß das Radio tot ist. Was bleibt?

Vereinzelt tauchen Sendungen auf, die zu den alten Kästen passen. Wenn man das Krimihörspiel einstellt, die Schellackstunde hört oder das große Radiokonzert ertönt, dann spürt man wieder den Hauch des Besonderen, so wie es damals war, als das Familienoberhaupt im Kreise seiner Lieben den Radioapparat bediente und mit Hilfe des magischen Auges und der Peilantenne vom Orts- zum Fernsender wechselte.

Dafür lohnt sich die alte Technik. Denn nur mit Ihr kann man noch erleben, was es einmal hieß, Radio zu empfangen. Die modernen Geräte bieten einem soetwas nicht, sondern taugen ausschließlich für die baßstarke Beschallung mit rhytmischen Gestampfe.

Die Zukunft bringt uns Sattelitenradio und digitale Übertragung. Für die Qualität der Sendungen wird das nichts Gutes heißen. Aber auch wenn ich einer anderen Generation entstamme, habe ich sie noch erlebt - die gute alte Zeit...

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